Mit der Funktionsweise der Gitarre ist im wesentlich die Entstehung und Erzeugung ihres Tones gemeint. Was steck wirklich dahinter, wenn man die Gitarre anspielt und sich ihre Klänge durch den Raum ausbreiten?
Im Wesentlichen geschieht nichts weiter, als dass die Saite das komplette Instrument in Schwingung versetz. Diese Schwingungen werden über die Luft an das menschliche Trommelfeld weitergeleitet und dadurch hörbar.
Im folgenden Text möchte ich ausführlich darauf eingehen, wie sich das im einzelnen zuträgt.
Um die Funktionsweise der Gitarre verständlicher zu machen, möchte ich als Einführung ein Beispiel der schwingenden Saite aufzeigen.
Ein einzelner Ton besteht nicht nur aus einer Frequenz, sondern aus einem Grundton und zahlreichen, harmonischen Obertönen. In ihrer unterschiedlich starken Ausprägung formen sie letztlich die Klangfarbe des Tones. Zupft man beispielsweise die Saite nahe am Steg an, so sind die hohen Obertöne weitaus ausgeprägter als die tiefen. Die Klangfarbe dieses Tones wird hell und scharf. Wenn man jedoch die Saite am Schalloch anzupft, ist der Grundtones und die tiefen Obertöne ausgeprägter. Die Farbe wird demensprechend dunkel.
Die Obertöne der schwingenden Saite könnte man auch als so genannte ‚Schwingungsmode‚ deklarieren. Diese Bezeichnung ist für das weitere Verständnis zur Funktionsweise der Gitarre von größter Bedeutung.
Die Saite wäre allerdings alleine nicht im Stande, genügend Luft in Bewegung zu versetzen damit ein ausreichend lauter Ton entsteht. Deshalb koppelt man die Saite an einen Korpus der als Verstärkung dient. Die angezupfte Saite überträgt ihre Schwinungen an den Korpus der sie an die umgebene Luft abgibt. Somit wird ein ‚Ton’ überhaupt erst hörbar.
Diese Schwingungen, die maßgeblich von der Decke ausgehen, sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Sie sind jedoch physikalisch messbar und somit auch darstellbar.
Wie man sieht entstehen alle Deckenschwingungen hauptsächlich unterhalb des Schallloches und in verschiedenster Art. Diese Schwingungen werden auch ‚Resonanzen‘ oder ‚Moden‚ genannt. Sie sind unterteilt in Schwingungsfelder und Knotenlinien, die sich mit steigender Frequenz in immer kleinere Schwingungsbereiche unterteilen. Diese Moden sind den Obertönen der schwingenden Saite ähnlich, mit dem Unterschied, dass die Moden der Decke nicht in einem harmonischen Verhältnis stehen.
Wie bereits erwähnt überträgt die schwingende Saite ihre Energie auf die Decke. Diese wird daraufhin in Schwingung versetzt und beginnt durch die angereten Moden die umgebende Luft in Bewegung zu versetzen . So genannte Schalldruckänderungen. Diese Luftbewegung ist im wesentlichen die mechanische Verstärkung des Korpus, die man letztendlich als Gitarrenton wahrnimmt.
Von diesem Standpunkt aus betrachtet, wäre in erster Linie darauf zu achten eine gute ‚Luftpumpe’ zu konstruieren, die für ausreichend Schalldruck sorgen kann.
Die Intensität des Schalldruckes kann durch spezielle Messverfahren für jede einzelne Mode ermittelt werden. Auf diese diese Weise erhält Auskunft über die klanglichen Eigenschaften der Gitarre, wie in Form eines Fingerabdruckes.
In der oben stehende Grafik ist nun das komplette Frequenzspektrum einer Gitarre abgebildet, das von Gitarre zu Gitarre stark variiert. Das indiviaduelle Frequenzspektrum kann dementsprechend auch als persönlicher Fingerabdruck eines jeglichen Instrumentes betrachten werden.
Jede Spitze (Peak), verkörpert eine Mode (Deckenschwingung), die unterschiedlich stark ausgeprägt sind und somit die Klangfarbe und den Charakter der Gitarre formen.
Diese Pegelspitzen kann man im Grunde wie die Regler eines herkömmlichen Equalizer betrachten, mit denen man durch Änderungen in bestimmten Frequenzbereichen, die Klangfarbe der Gitarre steuern kann.
Wird z.B. die Intensität der hoch frequentierten Moden gesteigert, so entsteht eine Gitarre mit einem hellen und klaren Charakter. Stärkt man hingegen das Schwingungsverhalten der tiefen Moden, erhält man ein dunkles Timbre, basshaltig und voluminös.
So ist beispielsweise die Hohlraumfrequenz unter anderem von den jeweiligen Plattenstärken (Decke/Zargen/Boden) abhängig und gibt durch ihre Frequenzlage Auskunft über die künftige Bassabstrahlung des Instruments. Eine Gitarre mit tief abgestimmter Hohlraumresonanz klingt dunkler, runder, voluminöser als eine gitarre die etwas höher abgestimmt wurde. Die Hohlraumresonanzen verschiedener Gitarren liegen in der Regel zwischen F mit 87,3 Hz (tief abgestimmt) und G# mit 103,8 Hz (hoch abgestimmt).
Wenn man nun in der Bauphase die Messung der Hohlraumresonanz vornimmt und sie für zu hoch empfindet, kann man z.B. durch Verringerung der Deckenstärke die Resonanz nach unten drücken.
So hat man als Gitarrenbauer wesentliche Anhaltspunkte und Eingriffsmöglichkeiten um sowohl die eigenen Klangvorstellung, als auch die des Kunden gezielt umsetzen zu können.
Eine Besonderheit, die von den Resonanzen ausgeht, ist der so genannte ‚Wolfston‚, von dem wahrscheinlich schon jeder Musiker gehört hat. Ein Wolf lässt sich meist deutlich von seinen benachbarten Tönen unterscheiden, da die Ausklingzeit dieses Tones wesentlich kürzer ist und eher als störend wirkt.
Diese Wölfe lassen sich über das gesamte Griffbrett finden. Die am stärksten hervortretenden Wölfe liegen jedoch auf der tiefen E-Saite im Bereich von Fis und auf der 3.Saite auf dem g. Dies kann jedoch von Gitarre zu Gitarre um ein bis zwei Halbtöne schwanken.
Dieses Phänomen ist mit der Frequenzkurve der obigen Grafik leicht zu verstehen. Trifft ein angespielter Ton mit seiner Frequenz auf eine Resonanzspitze, eine Deckenschwingung mit ähnlicher Frequenz, findet eine schnellere Energieübertragung von der schwingenden Saite auf den Korpus statt und der Ton klingt dadurch schneller aus.
So hat z.B. die 3.Saite (g) eine Frequenz von 196 Hz. In unserer Grafik ist eine deutliche Resonanzspitze bei 192 Hz zu erkennen. Somit liegen beide Frequenzen sehr nahe beieinander. Die Deckenschwingung dieser Resonanz entzieht der angezupften g-Saite förmlich die gesamte Energie auf einen Schlag, in Form einer sehr schnellen Ein- und Ausklingzeit, und so den Charakter eines Wolfstones prägt.
Demzufolge sind alle in der Grafik zu sehende Resonanzspitzen potentielle Wolfstöne die sich mehr oder weniger deutlich über den gesamten Tonumfang der Gitarre bemerkbar machen. Diese Eigenheit lässt sich leider nicht umgehen, basiert sie doch auf der Funktionsweise der Gitarre die ohne Resonanzen, ohne Deckenschwingungen nicht erklingen könnte.